#1
Ich hab da mal ein paar allgemeine Fragen zu diesem Lager „Isabella“

Ich muss aber voraus schicken das es nicht beabsichtigt ist diese Geschichte um dieses Lager in Zweifel zu ziehen, auch wenn das eventuell so rüber kommen könnte !

Ich hab mir nun mal diesen Text auf dieser Seite : http://www.tullnerfeld.net/Ausgabe14/seite10.htm
Durchgelesen und dort wird als Quelle ein Herr Siegfried SELLE angegeben.
Als Quelle ist das nun doch etwas dürftig, gibt es da irgend etwas Amtliches an Dokumente zu diesen Lager „Isabella“?

Mich würde nun interessieren von wann bis wann dieser Siegfried SELLE in Peenemünde war, wenn er die Bombardierung von Peenemünde am 17 und 18.8.1943 erlebt hat dann müsste das Lager „Isabella“ für die geplante A4 Fertigung des Rax Werkes gedacht gewesen sein ? In der Fertigungsplanung für das Rax Werk wäre die Einrichtung des Lagers zeitlich ab April 1943 denkbar , davor aber nicht ! Ab November 1943 war das Rax Werk nicht mehr für eine A4 Zusammenbau vorgesehen.

Woher kamen diese Raketen dann, wenn es sich tatsächlich um komplette A4 Raketen gehandelt hatte und warum waren die da ??

Gruß Henry
 
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josef

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#2
"Isabella" Sitzenberg-Reidling (Trasdorf)

Hallo Henry,

Du sprichst da ein Thema an, dass tatsächlich noch nicht genauer erforscht wurde! Wobei aber fraglich ist, ob man vor Ort überhaupt noch weiterkommt, da alles unter strengster Geheimhaltung ablief und der „Kronzeuge“ Herr Selle 1997 verstorben ist. Bei den lokalen Behörden sind mit Sicherheit keine großartigen Unterlagen zu „Isabella“ zu finden, höchstens unbedeutendes zur dort ebenfalls angesiedelten „Munitionssichtungsstelle“. Wenn etwas vorliegt, dann im Bundesarchiv aber nicht in Österreich!

Tatsache ist, dass es bereits 1941 bei der Planung und Errichtung einer ca. 400 m langen Kaianlage an der Donau für das Werk Pischelsdorf der „Donau Chemie“ 100 m Kaimauer für die „ Munitionssichtungsstelle-Muna Sitzenberg-Reidling“ vorgesehen war. Das an der Donau liegende Chemiewerk des IG-Farben Konzerns wurde unter Federführung des IG-Farben-Werkes Bitterfeld damals neu errichtet und liegt ca. 6 km Luftlinie von den Anlagen der Muna in Trasdorf entfernt. Später hieß es (ca. Anfang 1942 ?), die Heeresstellen sind an einer Beteiligung an den Donaukai-Anlagen nicht mehr interessiert. Als Begründung wird bei den Donau-Chemie-Werken angeführt: Durch die Übersiedlung ihrer Haupttätigkeiten, Versuche und Erprobungen der verschiedensten Gerätschaften nach Peenemünde war das Interesse daran verloren. Die Militärverwaltung zieht sich von einer Teilnahme am Bau der Kaianlage somit gänzlich zurück. Quelle: R.A.Richter, „Das Werden der Donau Chemie AG“, Seite 270

Den Aufzeichnungen des Herrn Selle, die so ziemlich die einzigen Unterlagen in der Gegend zu diesem Thema sein dürften, ist zu entnehmen, dass der Baubeginn von „Isabella“ Frühjahr 1943 war, Fertigstellung in Rekordbauzeit von 6 Monaten…also Inbetriebnahme Ende 1943. Bestand bis 05.02.1945 (letzter Räumzug).

Weiters wurden die Berichte vor Veröffentlichung im „Moosbierbaumer Dorfblattl“ umgeschrieben/bearbeitet => siehe dazu Hinweis in Ausgabe 13: …die sich in und um diese Versorgungseinrichtung in ihrem kurzen Bestehen abspielten. Wie schon Eingangs erwähnt, stammen diese aus einem Schriftwerk des damaligen stellvertretenden Kommandanten dieses Lagers, Herrn Siegfried Selle, der dieses von März 1975 bis November 1978 unter Mithilfe eines Kameraden niederschrieb. Leider liegt uns davon nur eine Kopie vor, deren Qualität sehr zu wünschen übrig lässt. Außerdem hat der Verfasser seine Erinnerungen nach Fachgebieten geordnet, sodass die verschiedenen Begebenheiten meist aus mehreren Teilen des Schriftwerkes…

…dann müsste das Lager „Isabella“ für die geplante A4 Fertigung des Rax Werkes gedacht gewesen sein ? In der Fertigungsplanung für das Rax Werk wäre die Einrichtung des Lagers zeitlich ab April 1943 denkbar , davor aber nicht ! Ab November 1943 war das Rax Werk nicht mehr für eine A4 Zusammenbau vorgesehen.
Das glaube ich nicht! Wenn das so gedacht war, dann kämen die nur wenige km von Wiener Neustadt entfernten Lager „Maria“ – St.Egyden und „Lina“ – Groß Mittel eher in Frage!

Woher kamen diese Raketen dann, wenn es sich tatsächlich um komplette A4 Raketen gehandelt hatte und warum waren die da ??
Die Raketen kamen aus den zum damaligen Zeitpunkt ca. Anfang 44 – 01.45 produzierenden Werken! Der Schlüssel zur Sache liegt meines Erachtens im Aufbau des Fertigungs-, Erprobungs-, Lager- und Nachschubsystems:


1. Lieferwerke
2. Heimatlager
3. Komplettierungsstellen
4. Nachschublager
5. Übungsplätze

Siehe dazu Kapitel „Getarnte Transporte“ bei M.Bornemann „Geheimprojekt Mittelbau“, Seite 108 ff !

Und da sollte man sich bei „Isabella“ auf den Begriff „Heimatlager“ konzentrieren! Was steckte da wirklich dahinter? Auch die beiden anderen, auf österreichischem Gebiet liegenden Lager St.Egyden und Groß Mittel waren „Heimatlager“!

Henry, ich bin bei weitem kein Spezialist in Sachen A4/V2 wie Du und habe das Ganze nur so in der „Schnelle“ als Laie zusammengeschrieben, verzeihe mir, wenn ich da vielleicht auch so manchen Blödsinn verzapft habe! Jedenfalls geben Deine Fragen (Zweifel an der Sache?) Anstoß für weitere Erkundigungen… wenn genügend Zeit vorhanden...

lg
josef
 
#3
Bei der Fertigung von A4 Geräten ab 44 gibt es nur das MW das Serienmäßig das komplette Gerät zusammen gesetzt hat, diese Geräte gingen entweder in Richtung Westen zum Verschuss oder in den Osten Richtung Blitzna . Eine Zwischenlagerung in der nähe von Wien hätte da recht wenig Sinn ! Das Rax Werk spielte ab 44 keine rolle mehr da dort nur wenige Mittelteile gefertigt wurden und es nie zu einer Serienfertigung kompletter Aggregate gekommen ist .
Erst nach der reise des Sonderausschuss vom 13.4 bis 20.4.1943 stand fest das , das Rax werk als drittes Nachbauwerk in die Serienfertigung mit einbezogen werden soll. Ab 1.11.1943 stand aber schon wider fest das im Rax Werk keine Komplettgeräte mehr gefertigt werden sollen. Die Vorgesehenen Prüfstände in der nähe des Rax Werkes wurden nicht mehr gebaut und die Einrichtung kam in das Mittelwerk.
Nur so zum besseren Verständnis habe ich mal für 1943 „Ausbringungsprogramm“ ( Blatt 19 ) vom 3.5.1943 beigefügt. A = Baureihe A , B = Baureihe B 0- Serie und Gr. = Gerät A4 „Serie“. Dise Zahlen wurden bekanntlich nicht erreicht ! Dan habe ich aus der letzten Seite den Vorlaufplan die Montage und Prüfung beigefügt . Die Rückvergrößerung ist etwas schlecht daher kann man das nicht so recht gut lesen!
Diese Sache :

1. Lieferwerke
2. Heimatlager
3. Komplettierungsstellen
4. Nachschublager
5. Übungsplätze

Mag für die Lager Slate bei Parchim oder Neuwedell oder dem Einsatz an der Front zutreffen, nicht aber für einem kleinen Ort unweit von Wien ! Das Abfüllen der Sprengköpfe mit Amatol wäre da noch vorstellbar, aber dann war es eben nur eine Heeres Munitionsanstalt mit einem Lager für V2 Sprengköpfe !
Dieses Buch von M.Bornemann „Geheimprojekt Mittelbau“, werde ich mir mal zulegen müssen, ich habe da so meine Zweifel an dem was da aus diesem Buch berichtet wird !
Was werden da den für Quellen genannt ?? Ich kann mir nicht vorstellen das ein Teil der einsatzreifen MW A4 Produktion nach der Abnahme nach Wien in ein Lager geschickt werden sollte an stelle an die Front ! Die Stückzahlen einsatzfähiger A4 Raketen waren weit hinter der Planung, welchen Sinn sollte dis gehabt haben ?

Gruß Henry
 

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#5
A4-Heimatlager Maria, Lina u. Isabella

Danke Arno für diese drei Seiten !
Allerdings ist das ein äußerst bescheidene Quellenangabe , Leider !!

Josef zitierte am 21-11-2003 folgende Sätze aus diesem Buch :

M. Bornemann schreibt in "Geheimprojekte Mittelbau" interessante Details betreffend Bahntransporte von V2 (A4)-Raketen und Treibstoffen dazu:

Solche Transporte unterlagen strengster Geheimhaltung, es gab ein besonderes Tarn- und Sicherheitsprogramm:

*Die auf 12 m langen Rungenwagen transportierten Raketen ragten über das Waggonende hinaus und mußten besonders getarnt werden.

*Die Tarnung mußte abwechslungsreich und den Verhältnissen angepasst werden.

*Solche Transporte durften nur unter militärischer Bewachung durchgeführt werden, wobei das Begleitkommando außer dem Transportführer den Bestimmungsort nicht kannte.

*An den Waggons durften keine Klebezettel bzw. Wagenzettel mit Richt- bzw. Bestimmungsbahnhöfen angebracht werden.

Alle Transporte von fertigen Raketen und dazugehörige Betriebs- und Treibstoffe von den Fertigungsstätten zu den Lagern liefen am Anfang unter dem Stichwort "Granit" . Dann wurde das Codewort laufend geändert, z.b. auf "Kleeblatt", "Meister" und "Hacke".

*Für Transportanmeldungen zu den österreichischen Lagern gab es folgende Tarnnamen:

St. Egyden => Maria,
Groß-Mittel => Lina und
Sitzenberg-Reidling => Isabella.
Die beiden letzten Punkte würden mich am meisten interessiere, weil zum einen die A4 Transporte der Fertigung endsprechend dem Merkplatt vom August 1943 mit der Tarnbezeichnung „Panzer“ durchgeführt wurden, und zum andern ich noch keine Dokumente zu diesen österreichischen A4 Lagern gefunden habe !
Aus dem hier gezeigten Quellennachweis ist leider nicht zu entnehmen woher Bornemann diese Infos bezogen hat !


Gruß Henry
 
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josef

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#6
Hallo Henry,
für mich geht es primär einmal um die Klärung des Begriffes „Heimatlager“! Was war die Aufgabe, Sinn und Zweck einer solchen Einrichtung? Inklusive der 3 Österreich-Standorte schreibt Bornemann auf Seite 107/108 von 22 Transportzielen mit Decknamen (weibliche Vornamen).

Ich will mich dabei nicht nur auf „Isabella“ Sitzenberg-Reidling beschränken, das Gleiche gilt auch für „Maria“ St. Egyden und „Lina“ Groß Mittel!

Stimme Deiner Meinung betreffend der Sinnlosigkeit einer Lagerung weitab jedes Einsatzgebietes vollkommen zu! Bei der damaligen Knappheit an Transportmittel und der zunehmenden Luftgefahr eine Rakete Hunderte km vom MW in den Südosten nach Niederösterreich zu transportieren um sie Zwischenzulagern und dann wieder in den Westen zurück in die Einsatzgebiete zu bringen ist absurd! Anderseits gab es bei so manchen Handlungen in der damaligen Zeit irrationale Entscheidungen.

Interessant sind die gleichartigen Abläufe/Situationen der Lager Sitzenberg-Reidling und St. Egyden: An beiden Standorten befand sich ursprünglich eine „Munitionssicherungsstelle“ für Beutemunition. Später, ab ca. Mitte bis Ende 1943, Anfang 1944 wurden diese Standorte um die „Heimatlager“ für A4/V2 Raketen erweitert! Wie es sich bei Groß Mittel verhielt, kann ich (noch) nicht genau nachvollziehen. Dieses riesige Sperrgebiet war schon seit dem WK I eng mit den umliegenden Munitions- und Pulverfabriken verbunden (Blumau, Wöllersdorf, Hirtenberg, Enzesfeld usw.).

Weiters irritiert mich bei „Isabella“ der Hinweis betreffend dem Bau der Kaianlage in Pischelsdorf , wo bereits 1941 bei der Planung und Errichtung die "Munitionssichtungsstelle-Muna Sitzenberg-Reidling“ erwähnt wurde. Die dazu folgende Absage für die Nutzung durch diese Stelle folgte ebenfalls schon ca. Ende 41, Anfang 42!
Begründung: Durch die Übersiedlung ihrer Haupttätigkeiten, Versuche und Erprobungen der verschiedensten Gerätschaften nach Peenemünde war das Interesse daran verloren. Die Militärverwaltung zieht sich von einer Teilnahme am Bau der Kaianlage somit gänzlich zurück. Quelle: R.A.Richter, „Das Werden der Donau Chemie AG“, Seite 270

=> Hier passt die Zeitleiste nicht unbedingt zusammen! Lt. Herr Selle war der Baubeginn erst Frühjahr 1943! Bzw. was war da geplant? Was wurde nach Peenemünde übersiedelt usw. ? Dazu und wegen eventuell doch noch vorhandener lokaler Unterlagen werde ich mit dem Verfasser der „Donau-Chemie-Geschichte“, Herrn Richter, Kontakt aufnehmen!
Ab 1.11.1943 stand aber schon wieder fest das im Rax Werk keine Komplettgeräte mehr gefertigt werden sollen. Die Vorgesehenen Prüfstände in der nähe des Rax Werkes wurden nicht mehr gebaut und die Einrichtung kam in das Mittelwerk.
Ja, das stimmt! Die Wiener Neustädter Rax-Werke lagen an extrem exponierter Lage genau zwischen den beiden Werken der WNF! Wie es dort zuging ist ja im „Nachbar - Thread“ http://www.unterirdisch-forum.de/forum/showthread.php?t=4065 ersichtlich! Der für die Erprobung und Zwischenlagerung vorgesehene Standort war östlich von WN und hatte mit den 3 hier genannten Lagern nichts zu tun!

Lg
josef
 
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josef

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#7
@Henry schrieb:
Alle Transporte von fertigen Raketen und dazugehörige Betriebs- und Treibstoffe von den Fertigungsstätten zu den Lagern liefen am Anfang unter dem Stichwort "Granit" . Dann wurde das Codewort laufend geändert, z.b. auf "Kleeblatt", "Meister" und "Hacke".

*Für Transportanmeldungen zu den österreichischen Lagern gab es folgende Tarnnamen:

St. Egyden => Maria,
Groß-Mittel => Lina und
Sitzenberg-Reidling => Isabella.
Die beiden letzten Punkte würden mich am meisten interessiere, weil zum einen die A4 Transporte der Fertigung endsprechend dem Merkplatt vom August 1943 mit der Tarnbezeichnung „Panzer“ durchgeführt wurden, und zum andern ich noch keine Dokumente zu diesen österreichischen A4 Lagern gefunden habe !
Dazu Auszüge aus Bornemann-Buch S. 107 u. 108:

Zu Hinweis [72]: Schriftliche Mitteilungen (an den Verfasser) von Ernest.O. Abel vom März 87 über das Lager Ellrich
 

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josef

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#8
@Henry schrieb:
Aus dem hier gezeigten Quellennachweis ist leider nicht zu entnehmen woher Bornemann diese Infos bezogen hat !
Die Quellenlage ist generell dürftig! Auch in der Literatur ist nicht allzuviel zu finden:

Aufmerksam wurde ich erstmals durch die Festschrift "100 Jahre Eisenbahn St.Pölten - Tulln" aus 1985, die einen lapidaren Hinweis zur Bedeutung dieser Strecke im WK II enthält: In diesem Bereich befanden sich die Raffinerie und Chemiewerk Moosbierbaum, das Nachschublager für das Aggregat 4 (V2) in Sitzenberg-Reidling, die Hermann Göring Werke (Martin Miller) in Traismauer und kriegswichtige Industrien im Raum St.Pölten.

Dann noch:

Hinweis bei M.Bornemann „Geheimprojekt Mittelbau“, ISBN 3-7637-5927-1 - 1. Auflage war 1971.

Die Kurzserie in den Ausgaben 13-16 des "Moosbierbaumer Dorfblattls" mit den Geschichten von S.Selle, 2003 . 2004.

Richard A. Richter "Das Werden der Donau Chemie AG", Selbstverlag, Zwentendorf 2002

lg
josef
 
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#9
Das ganze gibt irgendwie keinen Sinn !
Jetzt nur mal nach dem holen Buch geurteilt, scheint dem Bornemann einiges durcheinander gekommen zu sein ,
oder es fehlt schlicht das zusammenfügende Element !
Die Transporte b.z.w. Transportwege die hier genannt werden betreffen ausschließlich Verschlussfertige Geräte und die Rückführung der Leerzüge.
Da auch Kleinbodungen ( A4 Reparaturwerk ) genannt wird , beziehen sich diese Decknamen nur auf die Zielbahnhöfe.
„Isabella“ dürfte „nur“ eine Muna gewesen sein ,und das was da gelagert wurde waren wahrscheinlich ausschließlich Sprengköpfe für das A4 !
Ich weis jetzt schon wo ich nachschauen muss, in meinen Fertigungsunterlagen werde ich da kaum etwas finden .

Gruß Henry
 

josef

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#10
Auszug aus "Moosbierbaumer Dorfblattl", Bericht von Siegfried Selle, Ausgabe 14/August 2003:
Mit Einbruch der Dunkelheit wurde über das Anschlußgleis der Bahn eine Zugsgarnitur vom Bahnhof Sitzenberg-Reidling so ins Lager verschoben, daß die letzten drei Waggons bereits unter den beiden 10 t-Kränen standen. Jeweils zwei Raketen lagen auf einer Kombination von 3 Waggons (zwei größere und ein kleinerer in der Mitte). Die Raketen wurden ohne Treibstoff und ohne Sprengkopf transportiert und wogen je 4.500 kg. Die Sprengköpfe wurden auf anderen Waggons transportiert und waren samt der Transportkiste je knapp zwei Tonnen schwer. Nachdem die Schutzplanen von den Waggons entfernt waren, wurden die Aggregate auf die Feldbahn verladen. Anschließend wurden die Raketen mit den Feld-bahnwagen zu den Lagerhallen gefahren und auf den dafür vorgesehenen Betonsockeln abgesetzt.
Dieser Vorgang ist jedoch nicht genauer beschrieben, denkbar wären aber Gerüste mit Flaschenzügen. Über die Anzahl der A4-Waggons finden sich keine Angaben, aber es mußte in den Spitzenzeiten die ganze Nacht durchgearbeitet werden, um das Arbeitspensum zu schaffen.


Henry, jetzt einmal unbeachtet der tatsächlichen Gegebenheiten der Lagerung/Auslagerung bei "Isabella" hätte ich zu obigen Artikelauszug die Frage an Dich als Experten: Stimmen die Gewichtsangaben, Transportabwicklung usw.?
„Isabella“ dürfte „nur“ eine Muna gewesen sein ,und das was da gelagert wurde waren wahrscheinlich ausschließlich Sprengköpfe für das A4 !
Kann natürlich aus sein, steht aber im Widerspruch zum obigen "Selle-Artikel" im "Dorfblattl". Irgend ein Zusammenhang mit A4 dürfte schon bestanden haben, man wird ja den auch bei anderen Örtlichkeiten vorkommenden Begriff "Heimatlager" nicht nur aus Jux und Tollerei erfunden haben?

Bei weiteren Recherchen zum Thema sollte man aber unbedingt auch St. Egyden => Maria und Groß-Mittel => Lina mit einbeziehen, für diese Lager gelten die gleichen Kriterien wie für Isaballa.

lg
josef
 
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#11
Da gibt es für den FR- Transport ( Frontzüge ) Vorschriften die in der Regel die Anzahl auf 20 Raketen begrenzt . Die Raketen wurden wie beschrieben auf Rungenwagen Gattung „Stuttgart“ und dazwischen ein O-Wagen Gattung Villach verladen. Wenn Siegfried SELLE in Peenemünde ausgebildet wurde , dann müsste er zur damaligen zeit ein Exemplar der A4 Fibel erhalten haben, da drin sind diese Sachen beschrieben ! Ohne nun nach den genauen Gewichtsangaben zu schauen , sind die gemachten angaben richtig, nur die Gewichtsangabe der Sprengköpfe mit Verpackung scheint mir um eine Tonne zu hoch zu sein !

Gruß Henry

Auf dem einen Bild ist der Transportbehälter für den Sprengkopf zu sehen !
 

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#12
Das dort keine A4 Raketen untergebracht waren möchte ich nun nicht unbedingt ausschließen. Das wäre durchaus denkbar, aber ob das nun in diesen Umfang gewesen ist wie es dargestellt halte ich für nicht real !

„Vor dieser Ausbildung wurde Hr. Selle von General Dornberger und von Wernher v. Braun persönlich mittels Handschlags vereidigt“

Das gibt mir ein bisschen zu denken, da die genannte Ausbildung wohl auf den Einsatz des A4 beizet und nicht auf die Fertigung . Damit sind die Zuständigkeiten völlig andere ! W.v.B war Chef des AA Abnahme im Sonderausschuss A4, für den Transport war Reichsbahndir. Küsters zuständig und die Lagerung wieder andere ! Die Leitung des Sonderausschuss A4 hatte Degenkolb, später dann Kammler. Bisher sind mir aus den unterlagen keine Vorgänge aufgefallen die darauf schlissen lassen das Dornberger und von Wernher v. Braun persönlich mittels Handschlags die Leute vereidigt hätten ! Ich habe alle mögliche Personalvorgänge, von der Einstellung über Beförderungen , Urlaubsanträge, Bewertungen ( auch eine über W.v.Braun ) , Vorschläge für Auszeichnungen u.s.w. und da ist nichts dabei das die Herren Braun und Dornberger persönlich bearbeitet hätten !
Nicht einmal die Todesmeldung von Riedel und die schreiben an die Verwandten wurden von diesen Herren bearbeitet !!
 

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#14
Die Fischgräten ? Diese Bauweise ist typisch für A4 Lager, da ist entgegen anderen annahmen Platz für ca. 40 Raketen ! Die Bauzeit dieses Lagers passt in die geplante Fertigung im Rax Werk .
Zum vergleich :

http://home.snafu.de/veith/Texte/slade-pic/FELDBAHN.JPG

http://home.snafu.de/veith/Texte/slate.htm

Natürlich schaue ich noch nach endsprechenden Originalunterlagen. Nach dem es nun so in etwa klar ist um was es hier geht, weis ich auch wo ich suchen muß !

Wenn man die anderen genannten Lager mit einbezieht kann das alles schon in etwa passen , allerdings eben nicht in dem gedachten Umfang .
Es ist durchaus vorstellbar das geplante Rax Produktion nach der Abnahme in diesen Lagern zu Frontzügen zusammengestellt werden und es dann an die Front gehen sollten ! Letztlich war das ja eine Muna und in solchen wurden die FR Züge letztlich zusammengestellt ! Ein Pobeweise Zusammenstellung in diesen Lagern ist denkbar. Nur kam es nie zu einer Serienfertigung kompletter Geräte bei Rax, damit gab es auch den möglichen ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr. Ein auffüllen der Sprengköpfe und deren Lagerung dagegen wäre weiterhin denkbar !

Wie man Zeitzeugen Aussagen bewerten muss, das wissen wir ja ! Da es offensichtlich keine weiteren Quellen gibt muss man das alles sehr distanziert bewerten, sonst geht es den Herren in Tulln wie den bei Kramsach mit ihren angeblichen A4 Raketenprüfständen !
Die waren auch nicht begeistert als ich diese vor Ort über Ihren Prüfstand aufgeklärt habe !


Gruß Henry
 
#15
Hallo Henry,

Faßt man es zusammen, so haben wir zum Lager "Isabella" (ich nenne es jetzt einmal so, ich bin mir nicht sicher, ob der Deckname nicht nur die Transporte betraf) folgendes:

- gute Luftaufnahmen (ich schreibe absichtlich in der Mehrzahl)
- Anhaltspunkte in der Literatur
- eine Zeugenaussage

Ich kenne nicht viele Anlagen, die so viele erstklassige Spuren hinterlassen haben. Man kann über Zeugenaussagen zweifeln, man kann über Literatur streiten und man kann über Luftbilder diskutieren - aber alle drei Punkte zusammen ergeben für mich ein schlüssiges Gesamtbild.

Wir müssen jetzt folgendes kläre: Was machten komplette A4's in dieser Gegend???


Aus meiner Sicht gibt es (zumindest theoretisch) folgende Erkärungen:

- eine A4-Logistik, die auf extreme Zerstreuung der Aggregate ausgelegt war

- eine A4-Logistik, die nicht an geänderte Lieferanten angepaßt wurde

- einen zusätzlichen A4-Lieferanten in Niederösterreich, der uns unbekannt ist! :eek:


Welche dieser drei Theorien stimmt, gilt es nun zu klären.

Liebe Grüße,
Markus
 
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josef

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#16
Hallo Henry,
Wie man Zeitzeugen Aussagen bewerten muss, das wissen wir ja ! Da es offensichtlich keine weiteren Quellen gibt muss man das alles sehr distanziert bewerten,
Vollkommen klar!
...sonst geht es den Herren in Tulln wie den bei Kramsach mit ihren angeblichen A4 Raketenprüfständen !
Das Bildmaterial von Kramsach ließ aber vom Anfang an erkennen, dass es ich dabei um etwas "Kleineres" handeln muss => im Vergleich z.B. mit Redl-Zipf usw.
Die waren auch nicht begeistert als ich diese vor Ort über Ihren Prüfstand aufgeklärt habe !
Ich glaube, die "Blattlmacher" im Tullnerfeld sind da nicht beleidigt oder sonst etwas, sondern eher interessiert, die Wahrheit zu erfahren! Die Schwierigkeit liegt sicher an den vor Ort fehlenden Unterlagen und der damaligen absoluten Geheimhaltung!

Man sollte sich bei den weiteren Ermittlungen auf die von Markus angesprochenen Punkte
- eine A4-Logistik, die auf extreme Zerstreuung der Aggregate ausgelegt war
- eine A4-Logistik, die nicht an geänderte Lieferanten angepaßt wurde
konzentrieren! Da glaube ich, ist auch die Verbindung/Anknüpfung zum Begriff "Heimatlager" zu suchen!
Es ist durchaus vorstellbar das geplante Rax Produktion nach der Abnahme in diesen Lagern zu Frontzügen zusammengestellt werden und es dann an die Front gehen sollten !
Dazu besteht wahrscheinlich kein Zusammenhang mit Lager Sitzenberg-Reidling! Wie ich schon in Vorberichten irgendwo schrieb, war die Erprobung/Lagerung der Wr. Neustädter Fertigung im Bereich östlich der Stadt im Bereich Neudörfl - Zillingdorfer Wald geplant => ca. 8 km entfernt vom Werk. Zusätzlich bestanden die lt. der Aufstellung im Bornemann-Buch genannten Lager "Maria" (=> ca. 12 km Entfernung) und "Lina" (=> ebenfalls ca. 8 km Entfernung zum Werk).

Den dritten Punkt von Markus:
- einen zusätzlichen A4-Lieferanten in Niederösterreich, der uns unbekannt ist!
...halte ich eher für nicht zutreffend, aber möglich ist natürlich alles.

lg
josef
 
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#17
Markus hat geschrieben:
- einen zusätzlichen A4-Lieferanten in Niederösterreich, der uns unbekannt ist! :eek:
Nee niemals ! ;)


- gute Luftaufnahmen (ich schreibe absichtlich in der Mehrzahl)

Gibt es Luftbilder auf denen ein A4 zu erkennen ist ? auf dem das da gezeigt wird ist ein Fischgrätenmuster zu erkennen das entgegen den übrigen „Gebäuden“ keine Schatten wirft ! Da ist nichts das ein A4 sein könnte !

- Anhaltspunkte in der Literatur

Von anderen abgeschrieben eventuell aus dem Zusammenhang gerissen und ohne echte Quellenangabe !
Meine Position zu derartigen Literatur ist allgemein bekannt, denke ich und solange ich keine „echte“ nachweise habe sehe ich solche Literatur sehr distanziert !
Ich hab da inzwischen einen Grundsatz der sehr herb erscheint : „ Literatur ohne Quellenangabe mit Archivsignatur“ sind keine echte „wissenschaftliche“ Arbeiten und sind daher für meine Zwecke als Quelle nicht geeignet . So was kann bestenfalls als ergänzende Literatur genannt werden !

- eine Zeugenaussage

Hat nur einengebrauchswert wenn sie durch original Dokumente bestätigt werden !



Nun zu den A4 Raketen die es eventuell gegeben hat !

Ich hab das schon angedeutet, aus meiner bisherigen Erfahrung ist es durchaus möglich das es geplant war dort FR Züge zusammen zu stellen. Der Lieferant wäre das Rax Werk gewesen. Nach wegfall des Rax Werk wäre eine Reduzierung der Aufgaben dieser Muna auf ein abfüllen von Sprengköpfe durchaus real !
Auch wäre ein begrenztes zusammenstellen von FR Zügen als Auslagerung oder zum üben denkbar, alles durchaus vorstellbar und möglich ! Nicht möglich ist ein Schluss wie z.B. 500 A4 Sprengköpfe = 500 Raketen .
Das ganze dort dürfte eine untergeordnete rolle gespielt haben und hat mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nichts mit der eigentlichen A4 Fertigung zu tun haben .
Abwarten ich bin schon auf der suche nach endsprechenden Unterlagen !

Gruß Henry
 
#18
josef hat geschrieben:
Dazu besteht wahrscheinlich kein Zusammenhang mit Lager Sitzenberg-Reidling! Zusätzlich bestanden die lt. der Aufstellung im Bornemann-Buch genannten Lager "Maria" (=> ca. 12 km Entfernung) und "Lina" (=> ebenfalls ca. 8 km Entfernung zum Werk).

Den dritten Punkt von Markus: ...halte ich eher für nicht zutreffend, aber möglich ist natürlich alles.

lg
josef
Bornemann-Buch ? sollten wir für das erste als Quelle bei Seite schieben !

Wie ich schon in Vorberichten irgendwo schrieb, war die Erprobung/Lagerung der Wr. Neustädter Fertigung im Bereich östlich der Stadt im Bereich Neudörfl - Zillingdorfer Wald geplant => ca. 8 km entfernt vom Werk.

Ist das aus dem Bornemann buch ?

Bitte nimm mir das nicht übel wenn ich da etwas streng bin ! :rolleyes:

Gruß Henry
 

josef

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#19
Da haben wir ja fast gleichzeitig auf "Antworten" gedrückt ;)

Henry, Du hast ja vollkommen recht mit Zeugenaussagen, dünner Beweislage wegen fehlender Quellen usw.! Markus und ich werden auch weitersuchen, vielleicht können wir gemeinsam "Licht ins Dunkel" bringen aber bitte handle Dir deswegen keinen Herzinfarkt ein! Auf alle Fälle waren in den 3 genannten Österreich-Standorten irgendwelche Aktivitäten im Zusammenhang mit dem A4! Soweit glaube ich schon, dass wir uns da einig sind! Jetzt heißt es die "Tiefe" dieser Handlungen auszuloten , zu ergründen und auf den Wahrheitsgehalt zu prüfen...

Bin jetzt auf weitere Literaturhinweise zu St.Egyden (Maria ?) gestossen, dürfte aber auch eher in Richtung Befüllung und Lagerung der Sprengköpfe hinauslaufen...? Werde darüber berichten.

Schönen Abend, erholsames Wochenende und lg
josef
 

josef

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#20
Wie ich schon in Vorberichten irgendwo schrieb, war die Erprobung/Lagerung der Wr. Neustädter Fertigung im Bereich östlich der Stadt im Bereich Neudörfl - Zillingdorfer Wald geplant => ca. 8 km entfernt vom Werk.
Dazu schrieb @Henry:
Ist das aus dem Bornemann buch ?
Nein! Muss aber erst eruieren, ob "sichere" Quellenangaben dazu aufzutreiben sind! Zumindest "Beton" von begonnenen und dan abgebrochenen Aktivitäten ist vorhanden!
Bitte nimm mir das nicht übel wenn ich da etwas streng bin !
Aber nein!

lg
josef
 
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