Auch im Haus Kittinger war ein Offizier stationiert. Da er im Zimmer der Kinder schlief, mussten diese auf dem Fußboden schlafen. ein Teil der Besatzung war in Häusern und Stadeln in Winkl untergebracht. Es handelte sich in ersten Linie um junge Burschen, die ziemlich oft ausgewechselt wurden.Die Arbeit erledigten aber Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten.
Das Funkmeßgerät - an der Kanone
Die Abschüsse, wurden den verschiedenen Einheiten zugerechnet, obwohl man nie genau sagen konnte, welche Flak wirklich getroffen hatte.
Brunnen - am Lafettengeschütz
Vor der Baracke – drei Kameraden
Bei der Vergatterung – das „Lehrpersonal“
Für die Frauendorfer Buben war das eine aufregende Sache. Sie hielten sich oft bei den Soldaten auf, durften sogar mit ihnen essen. Die Soldaten kamen oft nach Frauendorf ins Gasthaus der Familie Riegler. Alles in allem war der Kontakt zur Bevölkerung sehr gut. Wenn eine Partie abgelöst wurde, gab es im Gasthaus eine Abschiedsfeier, bei der Wein mit Bewilligungsschein aus Ottenthal oder Riedenthal geholt wurde. Transportiert wurde dieser auf dem Steyrer-Wagen von Fritz Riegler, einem Verwandten, der junge Franz Riegler war mit anderen Burschen oft mit dabei.
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Schulchronik Bierbaum
Ab Juli 1944 bis ins neue Schuljahr hinein war im Schulhaus Bierbaum in der 1. Klasse die Schreibstube der Flakbatterie L 62 871, München, einquartiert. Das ehemalige Lehrmittelzimmer wurde als militärische Unterkunftsmöglichkeit verwendet.
Während der Weihnachtsferien 1944 wurde auch die II. Klasse von der Flak besetzt und am 15.1. nach Aufforderung des Herrn Kreisschulrates Eyer wieder geräumt.
Die Waffen SS befestigte im April 1945 den Ort – 3 Haubitzen wurden hinter den Stadeln aufgestellt, die Flak-Stellung gegen Winkl ausgebaut und verstärkt, Panzersperren errichtet und Stellungen für MG und Panzerfaust gegraben.
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Brief eines Soldaten
von der Flak-Stellung an einen Freund:
Stellung den 9.II.45
Lieber Kamerad Otto!
Heute nach langem Warten hast du endlich ein Lebenszeichen von dir gegeben. Wie du ja geschrieben hast war deine Rückfahrt ganz stürmisch. Ich habe es im O.K.W.Bericht selbst angeführt, und dacht an euch, da ihr ja gerade zu Hause ankamt. So hat ja mal wieder gut gegangen, und ein altes Sprichwort hat sich mal wieder bewahrheitet. „Unkraut vergeht nicht, - und gute Ware hält sich.
Auch hatten am 31.1. – 7.8. – 8.8. und heute ganz tolle Sachen erlebt. 5 Maschinen wurden in unserem Objekt zur Strecke gebracht. Das war ein schöner Anblick. Aber auch Bomben waren im ganzen Umkreis bei uns gefallen. Zwischen uns und Winkl. – Werk Flugplatz. Wir hatten ja ein wenig A..gang, aber es ging mal gut.
Ich selbst bin noch bei bester Gesundheit. Wie ich sehe ist es bei dir auch noch der Fall. Auch der Hund bellt noch immer.
Lieber Otto was machen die Bilder? Willst du so nett sein, und mir mal eines zukommen lassen.
Warum lassen die andern nichts von sich hören? Habe ich sie so schlecht behandelt? Ich glaube nicht. Lasse sie alle recht herzlich grüßen.
Nun zum Schluß, Hals und Beinbruch, grüßt dein Kamerad
Lauer
Es grüßen Katky, Warnhofer, Conrad Wies, Tines
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Die Kampftage der schweren Flakgeschütze beschränkten sich auf die 17 Angriffstage auf Moosbierbaum. Mit kleineren Kalibern wurde bei jedem Jäger- und Jagdbomberangriff gefeuert. Gegen Ende des Krieges erfolgte von der Flak aus der Beschuss der Sowjetarmee, die ab 12. April über Tulln nach Westen vorgerückt ist.
In der Nacht vor dem Einmarsch der Russen, am 7. Mai, verließen die Soldaten die Stellung. Zuvor verschossen sie noch einen Teil der verbliebenen Munition in Richtung Pischelsdorf, damit sie den Russen nicht an die Hände fällt. Sie hatten alles verlassen, als ob sie gleich wieder kommen würden. Die Ortsbewohner nahmen in den Tagen danach alles mit, was sie brauchen konnten, angefangen von den Lebensmitteln, Decken, Holz etc. Die Familie Riegler baute eine der Baracken in ihrem Garten auf, doch die Russen eigneten sich diese später an. Die zurückgelassenen Geschütze wurden später von den Russen zerlegt.
Als der Krieg zu Ende war und die Russen kamen, brauchten die bei der Flak tätigen Zwangsarbeiter eine Bestätigung darüber, aus welchem Grund sie hier gewesen waren. Bürgermeister Leopold Grill aus Winkl stellte ihnen diese Bescheinigung aus. Einer kam nicht zum Bürgermeister, sondern versteckte sich in einem Haus, wo man ihm zu Essen gab. Doch bald wurde es dem Hausbesitzer zu gefährlich, da beim Auffinden des Versteckten auch er erschossen worden wäre, also schickte er den Mann weg. Die Russen, die ihn aufgriffen, machten mit ihm kurzen Prozess und erschossen ihn. Der Bürgermeister musste ihn mit einem Helfer eingraben.
Kurze Zeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges besichtigten zwei Burschen aus Winkl die verlassenen Flakstellungen, da einer der beiden eingerückt gewesen war und die Flakstellung noch nicht gesehen hatte. Die Stellungen waren wie gesagt, Hals über Kopf verlassen worden, ohne die restliche vorhandene Munition, Handgranaten und den Sprengstoff mitzunehmen. Die alles lagerte außerhalb des Erdwalles in Bunkern. Auch die Kanone war noch da. Einer der beiden kam auf die Idee, die ganze Anlage zu sprengen. Sie schichteten Munition und Sprengstoff in der Mitte auf, zündeten die Schnur und gingen hinter der etwas weiter entfernt liegenden Baracke in Deckung. Mit einem ohrenbetäubenden Knall flog die Stellung in die Luft, die Staubwolke reichte viele Meter hoch. Die Baracke erzitterte, aber die Burschen blieben unverletzt. Der Sprengstoff hatte ein Loch mit einem Durchmesser von etwa 30 m gerissen. Schnell machten sich die jungen Sprengmeister auf den Weg Richtung Winkl, da sie befürchteten, dass die Russen vom Flugplatz Bierbaum kommen und Nachschau halten würden. Nachspiel gab es keines, da niemand wusste, wer für den Riesenkrater verantwortlich war.
Die drei Stellungen blieben lange erhalten. Erst bei der Kommassierung im Jahr 1960 wurden sie mit Humus gefüllt. Heute noch erkennt man die Stellen, da dort "Hoasländ'n" sind, also Stellen, die schneller austrocknen und weniger Ertrag bringen.
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Besuch der Flak-Soldaten
Die Zeit in Frauendorf war vielen Flaksoldaten in Erinnerung geblieben, so wollten sie in reiferem Alter nochmals in unsere Gegend fahren und wandten sich daher mit einem Brief an Herrn Bürgermeister Solich:
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Wannweil, 10. Nov. 1998
Sehr geehrte Damen und Herren,
auf was für Gedanken doch manche Leute kommen. Vor allem nach so vielen Jahren! Wir sind eine stattliche Zahl von Schulkameraden, die 1939 in die Reutlinger „Johannes Kepler“ Oberrealschule für Jungen mit 10 Jahren eingeschult wurden. Im Frühjahr 1944 wurden wir zur Ausbildung zunächst nach Innsbruck und danach nach Karlsruhe zur schwere FLAK eingezogen. Im Sommer 1944 wurde unsere Einheit samt Geschützen und Munition nach Frauendorf verlegt. Die meisten von uns waren gerade 16 Jahre alt.
Vor Weihnachten 1944 wurden wir damaligen Luftwaffenhelfer wieder nach Karlsruhe zurückverlegt. Etliche von uns wurden im Frühjahr 1945 zur Wehrmacht eingezogen, gerieten in Gefangenschaft. Einige mußten noch ihr junges Leben lassen. Der Stamm unserer Flakbatterie blieb in Frauendorf und niemand weiß, wie es unseren Kameraden am Kriegsende ergangen ist.
Warum haben wir uns nie dafür interessiert? Einige haben wir aufgespürt, aber wir waren jung, hatten das Leben noch vor uns und so schliefen die Kontakte ein.
Allem Anschein nach muß man für manche Dinge älter und reifer werden. Wir sind alle Jahrgang 1928 und feierten dieses Jahr bei einem Klassentreffen unseren 70sten Geburtstag.
Viele waren zum ersten Mal dabei und hatten die anderen über 50 Jahre lang nicht mehr gesehen. Mittelpunkt und Hauptthema waren die Erinnerungen an unsere Flakzeit und dabei besonders das halbe Jahr in Frauendorf.
… Nun bin ich dabei, vom besagten Klassentreffen einen Abschlußbericht zu erstellen. Und da möchte ich gerne meinen Kameraden mitteilen, wie die letzten Wochen Anfangs des Jahres 1945 für die zurückgebliebenen Flak-Kameraden verliefen…. Vielleicht wäre dies auch die Grundlage für eine Busfahrt mit meinen Kameraden, die ich für Sommer kommenden Jahres nach Frauendorf plane…. Unterschrift Otto H.
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Bürgermeister Karl Solich war der Meinung, dass Franz Riegler aus Frauendorf ein solches Treffen gut organisieren könnte, zumal er in seiner Jugend selbst Kontakt mit den Flak-Soldaten gehabt hatte. Gesagt, getan, kam dieses Treffen im Juli 1999 zustande. Die Teilnehmer wurden in Pfullingen, Wannweil, Metzingen und Neuhausen abgeholt. Am 13. Juli kamen sie in Frauendorf an, von wo aus sie unter Führung von Herrn Riegler und seiner Gattin in den nächsten 3 Tagen die Wachau, Wien und den Neusiedler See besuchten, aber auch in Hause Riegler Gäste waren.
In der Garage bei Herrn Riegler
Dürnstein – Stift und Ruine wurde besichtigt
„Alles hört auf mein Kommando!“ – Herr Riegler führt die Gruppe an
Die meisten ehemaligen Kameraden kamen aus Deutschland, einige hatte es aber in die weite Welt verschlagen, so lebt einer ein Las Vegas, ein anderer in Thailand. Der Kontakt zwischen diesen Männern und Herrn Riegler bestand bis zum Tod von Herrn Riegler im Jahr 2014.
Franz Pösinger, Jahrgang 1931, Frauendorf
Ich selbst hielt mich nicht bei der Flak auf, konnte aber sehen, dass die Besatzung jeden Samstag zur Kirche gegangen ist. Sie hielten sich oft im Gasthaus Riegler auf.
Die Tiefflieger, die gegen Ende des Krieges die Flakstellungen angegriffen haben, sind so tief geflogen, dass bei unserem Ausnahmhaus, das sich hinter dem Wirtschaftsgebäude befunden hat, die Dachziegel davongeflogen sind.
Als die Soldaten abgezogen sind, haben sie in der Eile außer den Geschützen und Munition vieles hinterlassen, was die Dorfbevölkerung brauchen konnte. Wir fanden eine Schmalzpfanne zum Ausdrücken der Grammeln. Das Fernglas, das ich fand, war für mich als Halbwüchsigen ein kostbarer Besitz. Auch Wäsche, Kleidung und Decken fand man noch.
Die Geschütze waren mit Holzbalken kreuz und quer gestützt und verschraubt gewesen. Wir bauten diese Streben mit dem Werkzeug des Schmiedes Borresch ab und ließen beim Sägewerk Kettinger in Kirchberg Bretter für den Stadel daraus schneiden.
Granaten, die noch vorhanden waren, haben sich die Burschen genommen, entsichert, und zu Fronleichnam damit geschossen. Auch Raketenpistolen (Signalpistolen) und italienische Karabiner hatten einige ergattert und schossen damit – gut dass die Eltern nicht alles gewusst haben, was die Jugend in dieser Zeit getrieben hat.
Quellen:
Fotos und Informationen wurden freundlicherweise von Herrn Franz Riegler aus Frauendorf zur Verfügung gestellt.
Anton Handelsberger: Der Bombenkrieg 1944/1945 im Tullnerfeld, veröffentlicht in den Mitteilungen VI des Heimatkundlichen Arbeitskreises für die Stadt und den Bezirk Tulln.
September 2013
Maria Knapp