josef

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Lokalaugenschein in Trasdorf-Dürnrohr

Besuchte am 10.02.2010 den Bereich der ehemaligen Munitionssichtungsstelle, Mun-Lager und V2/A4 Heimatlager „Isabella“ in Trasdorf im Tullnerfeld. Unter Zuhilfenahme diverser Luftbilder und der Lageskizze des A.D.I.(K) Reports No. 221/1945 aus NARA-Beständen, versuchte ich das riesige Gelände zu erkunden. Zur Beschreibung verwende ich die Nummern von der Lageskizze.

Ich betrat das Gelände im Bereich der ehemaligien Trasse der Normalspurbahn. Diese führte ab den Bahnhof Sitzenberg-Reidling mehrere Kilometer parallel zur Strecke Tulln-Herzogenburg und schwenkte vor Trasdorf dann nach NO Richtung Lagergelände. Hier sind in einem einige hundert Meter langen, mit Gebüsch überwucherten Geländestreifen, die Reste der ehemals entlang der Gleistrasse situierten Lagergebäude der Munitionssichtungsstelle (=> Gruppe 34. und 35.) von den geräumten Feldern zusammengeschoben. Im teilweise dicht verwachsenen Streifen kann man einige Reste von Streifenfundamenten, Ziegelschutt und Betonabbruch erkennen. Lt. Auskunft von Einheimischen waren noch Jahre nach Kriegsende Schienen- und Schwellenreste erkennbar und es gab mindestens 2 normalspurige Nebengleise. Hier war auch eine Umladeanlage von Normal- auf schmalspurige Feldbahn. Alle Lagergebäude waren ans Feldbahnnetz angeschlossen. Die Haupttrassen führten vom Umlade- und Werkstättenbereich zuerst nach N und schwenkten dann in Bögen nach Westen (=> Lagerbereiche 8. und 9.) zu den in „Fischgrätenmuster“ angeordneten 42 Lagerschuppen für V2/A4.

Der zentrale Bereich mit der Bahnumladeanlage, Werkstätten und Lager der Mun-Sichtungsstelle (=> Bereich 36 .– 44.), westlich der schräg zur rechten unteren Ecke des Geländes führenden Straße, ist bis auf Betonreste ( => Gebäude 36. und 41. ?) durch Schotterabbau (Baggersee) verschwunden… heute eingezäunter Badesee der Gemeinde. Die östlich der Lagerstraße in Richtung der von S nach N führenden Landesstraße Trasdorf – Dürnrohr gelegenen ehemaligen Offiziers- und Mannschaftsunterkünfte ( => Objekte 45. – 47.) sind geräumt und heute Ackerfläche. Die an der vorgenannten Landesstraße liegenden ehemaligen Fundamentreste des Kriegsgefangenenlagers ( => Objekte 48. und 49.), die @Markus 2005 noch fotografieren konnte, sind mittlerweile auch geräumt und am Gelände befinden sich jetzt einige Betriebe.
Im Bereich der Gebäudegruppen für Nitroglyzerin, Dynamit und Graphit-Ruder sowie dem ehem. Lokschuppen ( => Objektgruppen 30. – 33.) war nach dem Krieg ebenfalls eine Schottergrube, heute befindet sich dort ein Altstoffsammelzentrum und eine Bauschuttdeponie. Am Deponiegleände konnte ich einige Gespräche mit Einheimischen führen. Dann ging es weiter nach Norden:

Dort befindet sich nun das Umspannwerk Dürnrohr. Der Gesamtbereich des ehemaligen V2/A4 – Lagerkomplexes (Fischgrätenmuster…) sowie das Gelände mit den Dynamitlagerhäusern inner- und außerhalb des Werkszaunes ist geräumt ( => Bereich Objekte und Gruppen von 1. - 29.). Nur in der NO-Ecke des Areals sind einige Meter Betonfelder der Lagerstraße in der Kurve ( => bei den ehem. Objekten 15. und 17.) noch vorhanden. Weiters ist dort ein im Bogen verlaufender Feldweg, der wahrscheinlich auf der äußersten Trasse der ehemaligen Feldbahn angelegt ist. Im äußeren Bogenbereich befindet sich noch ein verwachsener Schutthügel ( => könnte sich um die zusammengeschobenen Reste der Dynamitlager 13. Und 14. Handeln ?). Im inneren Bogen, in einer Gebüschgruppe knapp außerhalb des Werkszaunes , sind noch Reste eines Fundamentes ( => könnte Objekt 16. sein ?). Die ehemalige „Lagerhauptstraße“, grob von S nach N verlaufend ( => ab oberhalb ehem. Objekt 38. bis zur im Norden verlaufenden Querstraße ( => Kreuzung/Einmündung zwischen Objekten 1. und 13.) ist auch noch zur Gänze vorhanden. Die Straße trennt den Umspannwerksbereich in einen West- und Ostteil. Teilweise sind noch die alten Betonfelder vorhanden.

Ich fragte die Leute bei der Müllsammelstelle auch über die Lage ehemaliger LS-Einrichtungen, da ja der deutsche Kriegsgefangene bei der Vernehmung angab, dass „die Bedienung der handgezogenen Feuerwehrwagen einschließlich Luftschutzpersonal bei Ertönen des Alarms in tiefen Unterständen Schutz suchte“ …Ein Mann sagte, dass es im von mir als „zentraler Bereich“ bezeichneten Areal ( => Gebäude 36. und 41.) der Mun-Sichtungsstelle, einen Bunker gegeben hätte (verschwunden – Schotterabbau/Badesee). Ihm wurde dies von älteren Personen einmal erzählt…dies konnte aber von den anderen anwesenden Personen (teilweise bis zu 6 Einheimische) nicht bestätigt werden. Mehrheitlich kam aber die Aussage, dass die Bevölkerung von Trasdorf bei den oftmaligen Luftangriffen => Primärziel Raffinerie Moosbierbaum ca. 3 km Luftlinie entfernt – in den Weinkellern in den Hängen südwärts des Ortes Schutz suchte.

Die ca. 300 – 400 russischen Kriegsgefangenen des Lagers (=> Objektgruppe 48.), die in der Mun-Sichtungsstelle arbeiten mussten, wurden bei Luftalarm von den Wachmannschaften „durch den Ort (Trasdorf) getrieben“ (Originalwortlaut der Erzählungen - Überlieferung älterer Personen an meine Informanten…), um zu 30 LS-Höhlen beim „Scheuerweg“ zu gelangen. Der „Scheuerweg“ ist ein von der Landesstraße nach Hütteldorf, südlich von Trasdorf, abzweigender Hohlweg. In die Lösswände beiderseits des Weges wurden je 15 kurze Höhlen zum Schutz der Gefangenen während der Luftangriffe gegraben. Eine Abstützung/Auszimmerung der Höhlen erübrigte sich durch die hohe Standfestigkeit des Lösses. Heute kann man noch die Reste von 4 dieser kurzen Höhlen erkennen. Durch die geringe Überdeckung und das ungeschützte, voll offene Mundloch, war der Schutzfaktor natürlich sehr gering!

Meinen Dank möchte ich noch Herrn Hermann Harrauer aus Trasdorf aussprechen, den ich auch bei der Müllsammelstelle traf und der sich spontan bereit erklärte , mir einige Reste des Lagers zu zeigen und mich dann noch zum „Scheuerweg“ begleitete.

Lageplanskizze mit Objektnummern:
Basis A.D.I.(K) Report No. 221/1945 aus Beständen der NARA
 

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Bereich Normalspurgleisanschluss – Lager Mun-Sichtungsstelle, Teil 1

Bereich Normalspurgleisanschluss – Lager Mun-Sichtungsstelle f. Beutemunition:

Teil 1:
1. Lageplanskizze mit gekennzeichnetem Bereich.

2. Blickrichtung O: Das Gleis verlief parallel der linken Gebüschzeile. Darin befindet sich von den Feldern im Vordergrund geräumtes Restmaterial der Objektgruppe 35. (Lagergebäude für Beutemunition – leere Bombenhüllen und Granatenhülsen). In der im Mittelgrund quer verlaufenden Buschgruppe sind die zusammengeschobenen Reste der Objekte 36. Und 41. ? (Werkstätten Mun-Sichtungsstelle), dahinter der Baggersee am Areal des ehem. „zentralen Bereiches“. Im Hintergrund das Kohlekraftwerk Dürnrohr (am Gelände der ehem. Raffinerie Moosbierbaum – ex. „Südwerk“ der DC.).

3. Süd-Böschung des zusammengeschobenen Restmaterials Objektgruppe 35.

4. Nord-Seite der Buschzeile (Gegenseite zu Foto 3), hier wurde das Material der Objektgruppe 34. zusammengeschoben (Schuppen für aus der Beutemunition wiedergewonnenen Sprengstoff).

5. Blick nach N zum Umspannwerk Dürnrohr, ehemaliger Bereich der „fischgrätenförmig“ angeordneten Lagerhütten für V2/A4 Raketen-Rümpfe (Objektgruppen 8. und 9.)

6. Fundamentreste im Bereich der Buschgruppe.
 

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Bereich Normalspurgleisanschluss – Lager Mun-Sichtungsstelle, Teil 2

Bereich Normalspurgleisanschluss – Lager Mun-Sichtungsstelle f. Beutemunition:

Teil 2:

7. Fundamentreste im Bereich der Buschgruppe.
8. Detto
9. Reste Ziegelmauerwerk.
10. Rekonstruierte Gleisplanskizze ROT: Normalspur; ORANGE: Feldbahn (Grobannahme lt. Aufklärungsskizze, Lubi und Angaben Hr. S.Selle (Bericht „Moosbierbaumer Dorfblattl)
 

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josef

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Zentraler Bereich Mun-Sichtungsstelle

Zentraler Bereich Mun-Sichtungsstelle:

1. Lageplanskizze mit gekennzeichnetem Bereich.

2. Richtung SW: Links Zaun des Badeteich-Areals, im Mittelgrund die vorhin beschriebene Buschzeile entlang der ehemaligen Gleistrasse.

3. Blickrichtung S – Badeteich, Bereich der ehemaligen Werkstätten usw. Mun-Sichtungsstelle (36. – 44.)

4.– 6. Reste am Rand des Sees (Objekte 36., 41. ?)
 

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Bereich Nord, Teil 1

NO – Ecke des ehemaligen Lagergeländes, außerhalb (nördlich) des Werkszaunes Umspannwerk:

Teil 1:

1. Lageplanskizze mit gekennzeichnetem Bereich.

2. - 4. Reste Betonfelder des Straßenbogens ( Bereich Objekte 15., 17.).

5. Schutthügel - Räummaterial Objekte 13., 14. (Dynamitlager)

6. Detto, Betontrümmer an der Oberfläche des Hügels.
 

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Bereich Nord, Teil 2

NO – Ecke des ehemaligen Lagergeländes, außerhalb (nördlich) des Werkszaunes Umspannwerk:

Teil 2:

7. Lubi (NÖGIS-NÖ.Atlas) vom Bereich der NO-Ecke: Deutlich kann man das betonierte Straßenstück erkennen. Oben-Mitte befindet sich der Schutthügel (Bild 5 u. 6). Rechter Rand, Bogen am Waldrand – Feldweg auf ehemaliger äußeren Feldbahntrasse. Links, am unteren Waldrand ist der Bogen der mittleren Feldbahntrasse zu der nördlichen „Fischgräten-Reihe“ der A4 Lager (Objektgruppe 8.) zu erkennen. In dieser Buschgruppe sind noch Fundamentreste, wahrscheinlich Objekt 16. (Dynamitlager), zu finden.

8.– 9. Feldweg im Bogen auf ehemaliger äußeren Feldbahntrasse zu Dynamitlagerhütten.

10. Fundament, Objekt 16. ?

11. Blick nach N Richtung Donauau mit KKW-Zwentendorf im Dunst der Nachmittagssonne.

12. Sonne am späten Nachmittag über dem Umspannwerk..
 

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josef

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LS-Höhlen bei Trasdorf, Teil 1

LS-Höhlen für Kriegsgefangene in Trasdorf – Scheuerweg:

Teil 1:


1. NÖGIS-Karte: SCHWARZ - Lage Kgf.-Lager, ROT - Scheuerweg.

2. Lubi mit gleicher Angabe wie bei 1. (Quelle: USAF461st.org ), Bombenangriff 01.03.45 auf Raffinerie Moosbierbaum.

3. Kreuz am Beginn des Scheuerweges.

4. Info-Tafel beim Kreuz.

5. Zugang Hohlweg.

6. Hohlweg mit Lösswänden.
 

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josef

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LS-Höhlen bei Trasdorf, Teil 2

LS-Höhlen für Kriegsgefangene in Trasdorf – Scheuerweg:

Teil 2:

7. – 10. Noch vorhandene Eingänge zu den LS-Höhlen, teilweise verfallen und zugemüllt.

11. – 12. Gerade noch erkennbare Eingänge. Man beachte die geringe Überdeckung!
 

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Mag für die Lager Slate bei Parchim oder Neuwedell oder dem Einsatz an der Front zutreffen, nicht aber für einem kleinen Ort unweit von Wien ! Das Abfüllen der Sprengköpfe mit Amatol wäre da noch vorstellbar, aber dann war es eben nur eine Heeres Munitionsanstalt mit einem Lager für V2 Sprengköpfe !


Gruß Henry
Ich hab jetzt das hier nur mal überflogen was es neues gibt und kurz nachgelesen was für einen Senf ich da vor einiger zeit dazu abgegeben habe.
Letztlich bezieht sich diese Zeitzeugengeschicht auf das obere Zitat von mir, wenn ich das jetzt recht zusammen bekomme.

Zu den Strahlruder noch ein paar Bilder und eine Zeichnung zum selber Schnitzen von Strahlruder ( Druckstück ) . Der Rechteckige Klotz ist ein Rohling, die Strahlruder wurden auf einer Kopierfräsmaschine gefertigt. Weil die Teile sehr empfindlich sind wurden diese wie Sprengstoff behandelt. Es ist daher naheliegend das diese zusammen mit den Sprengköpfe Gelagert und Transportiert wurden.

Komplette Leitwerke hatten die da wahrscheinlich kaum !

Guß Henry
 

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SuR

... wie immer keine Zeit ...
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:bravo::bravo::bravo::bravo: Josef, da hast Du ganze Arbeit geleistet! :gut:


Ich frag´ mich nur, warum man ausgerechnet dort die Raketen und Munition gebunkert hat. Da gibt´s doch überhaupt keine natürliche Deckung. Und im Falle einer Kettenreaktion war das Lager auch eine direkte Gefahr für das nur ein paar km entfernte Werk in Moosbierbaum. Wer das nicht glaubt, soll sich mal den Film zu Dannenwalde 1977 ansehen... :D
 
Nun, jetzt hab ich mich nochmals durch die Geschichte durch gearbeitet und stelle fest, das die Aussage zumindest ein weiterer Beleg für die Muna Vermutung ist. Bei den angeblich gelagerten A4 habe ich weiterhin meine Zweifel ! :gruebel

Dennoch ist die Aussage interessant !

Das Dokument ist auf den 13.3.1945 datiert, also kann man vermuten das der Zeuge noch unbeeinflusst von der aufkommenden Ost – West Problematik war.
Der Zeuge hat nie gesehen das tatsächlich A4 Raketen verladen wurden und er hat offenbar nur eine A4 aus Holz gesehen !
Wenn es tatsächlich ein A4 Model war, dann frag ich mich für was es die gab !!!!?????
Ich mach jetzt einfach mal eine Vermutung die ich für durchaus denkbar halte !
Könnte es einen Sinn ergeben schein- A4 durch die Gegend zu transportieren ?
Möglicherweise aus gründen der Dessinformation ?

Zitat :

5. Der Kgf. erklärte, dass das FZgKdo auch die Verladung und Tarnung von kompletten V2 Raketen auf einer Gruppe von 3 Eisenbahnwagen vornahm. Der Kgf. erzählte, dass er nie sah, dass 2 Raketen auf die 3 Wagen geladen wurden.

8. – 9. V2 LAGER: Dieser Komplex aus 42 grün getarnten Lagerhütten wurde mit einer schmalspurigen Feldbahn verbunden/bedient. Der Hüttenboden war zwecks Entwässerung aus Kieselsteinen/Schotter. Der Kgf. hat angegeben, dass in einer von ihnen, er kannte die Lage nicht mehr, ein vollständiges Holzmodell einer V2 Rakete lagerte.

Gruß Henry
 
H

Harald 41

Nicht mehr aktiv
:bravo::bravo: Josef;
Möchte mich den vorderen Dankrednern anschließen,da hast Du Dir aber eine Mega-Arbeit angefangen:danke,ist schade das nicht mehr übrig ist.

LG Harry
 

SuR

... wie immer keine Zeit ...
Mitarbeiter
...Das Dokument ist auf den 13.3.1945 datiert, also kann man vermuten das der Zeuge noch unbeeinflusst von der aufkommenden Ost – West Problematik war.
Der Zeuge hat nie gesehen das tatsächlich A4 Raketen verladen wurden und er hat offenbar nur eine A4 aus Holz gesehen !
Wenn es tatsächlich ein A4 Model war, dann frag ich mich für was es die gab !!!!?????
Ich mach jetzt einfach mal eine Vermutung die ich für durchaus denkbar halte !
Könnte es einen Sinn ergeben schein- A4 durch die Gegend zu transportieren ?
Möglicherweise aus gründen der Dessinformation ?
Langsam mit die jungen Pferde! :D
Übersetzung von Josef hat geschrieben:
Der Kgf. erklärte, dass das FZgKdo auch die Verladung und Tarnung von kompletten V2 Raketen auf einer Gruppe von 3 Eisenbahnwagen vornahm. Der Kgf. erzählte, dass er nie sah, dass 2 Raketen auf die 3 Wagen geladen wurden.
Im engl. Text, der auf Beobachtungen des Kgf. vom August 1944 (steht oben mittig in Klammern) basiert, steht m. M.:
Übersetzung von Florian hat geschrieben:
Der Kgf. erklärte, dass das FZgKdo auch Tarnmaßnahmen an einer dreiteiligen (Eisenbahn-)Fahrzeuggruppe durchführte, die für den Transport kompletter V2-Raketen abgeändert wurde. Obwohl der Kgf. keine V2s gesehen hat, hat er erfahren, dass diese drei Fahrzeuge zwei Raketen gleichzeitig transportieren können sollten.
Das erinnert mich sehr an die allseits bekannten Fotos aus Siegelbach.

Und zu dem Holzmodell: ich vermute, dass dies ein (Lichtraum-)Modell für den Bau der Raketenverschläge und zum Üben der Be- und Entladungsvorgänge war.
Eine 'echte' V2 war derart teuer, dass Kammler sicher nicht erfreut gewesen wäre, hätte man damit das Verladen geübt.

Auch halte ich reine Verschleierungsfahrten zu diesem Zeitpunkt und in dieser Gegend für exxxtrem unwahrscheinlich.
 

josef

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Ich frag´ mich nur, warum man ausgerechnet dort die Raketen und Munition gebunkert hat. Da gibt´s doch überhaupt keine natürliche Deckung. Und im Falle einer Kettenreaktion war das Lager auch eine direkte Gefahr für das nur ein paar km entfernte Werk in Moosbierbaum...
Mir fehlt dazu auch jede Logik! Die Region dort war eine der meistbombardierten Bereiche in Österreich!

Grundsätzlich sollte man einmal die Mun-Sichtungsstelle von der A4-Lagergeschichte (oder was auch immer...) trennen.

Der Chronist der Donau-Chemie, Hr. Richter, schreibt in seinem Buch "Das Werden der Donau-Chemie AG" betreffend der Planungen durch I.G. Farben für das neu zu errichtende "Nordwerk" in Pischelsdorf, Planungsstelle Leuna-Werke, Notiz v. 19.08.40: Errichtung einer Kaianlage (Anm.: an der Donau) für 3 Betriebe:

1. HF-Anlage, vorgesehene Betriebsaufnahme Anfang 41 (Anm.: Hydroforming-Anlage im neuen Raffineriebereich Moosbierbaum - Ausbau des seit WKI bestehenden "Südwerkes"),

2. SO3-Anlage der I.G, Leverkusen, Betriebsbeginn Juli 1941 (Anm.: Neubau im "Nordwerk" Pischelsdorf)

3. Für die MUNA, die ebenfalls im Laufe des Jahres 1941 die Produktion aufnehmen soll (Anm.: Trasdorf)


In weiterer Folge sprang aber das Heer von der Beteiligung ab...
Dazu bei Richter weiter:
Vorerst wäre die MUNA-Trasdorf an der Errichtung beteiligt gewesen. Durch die Absiedlung ihrer Haupttätigkeiten (Versuche und Erprobungen der verschiedenen Gerätschaften für die V1 und V2 Raketen) nach Peenemünde war das Interesse daran verloren. Die Militärverwaltung zieht sich von einer Teilnahme am Bau der Kaimauer gänzlich zurück.

Diese Planungen und Bauvorhaben für die Kaianlage spielten sich 1940-Mitte 1941 ab und passen in keiner Weise zeitmäßig mit irgend welchen V2/A4 - Aktivitäten (geschweige von V1...) in Österreich zusammen! Die Planungen für die A4 Serienfertigung bei den Raxwerken in Wiener Neustadt begannen erst ab März 1943! (Aus 11.1943). Da war auch erstmals die Rede von der Schaffung von Lagerkapazitäten für 1.000 Stk. Raketen im Umfeld des Rax-Werkes...

Hoffe, März/April die Zeit für ein Zusammentreffen mit Herrn Richter zu haben...vielleicht kann man da was klären...?

Ich stelle hier nochmals meine im "Donau-Chemie Thread" http://www.unterirdisch-forum.de/forum/showthread.php?t=4370 verfasste Kurzchronik der Werksanlagen im Raum Moosbierbaum-Pischelsdorf ein:
Ab Herbst 1916: Bau der Pulverfabrik "Skoda-Wetzler AG" in Moosbierbaum. Bereich heutiger Golfplatz und Teilfläche des heutigen Kohlekraftwerkes-Dürnrohr, Fläche ca. 1,5 km².
Nach Kriegende WK I erfolgte die Umstellung auf Erzeugung diverser chem. Produkte wie
Kupfervitriol
Kartoffelstärke
Schwefelsäure
Salzsäure
Phosphorsäure
Aluminiumsulfat
Superphosphat-Düngemittel usw.

1939 (-1945) erfolgte der Zusammenschluss mit anderen Chemieunternehmen (Brückl, Landeck usw.) zur "Donauchemie AG" unter Leitung des deutschen Chemieriesen "IG-Farben AG" mit dem Ziel der Errichtung eines "Chemie-Großkombinates".

So wurde der Einstieg in die Mineralölverarbeitung(=> Raffinerie Moosbierbaum) als Erweiterung des bestehenden Werkes und der Bau eines neuen Chemiewerkes im Norden, direkt an der Donau bei Pischelsdorf beschlossen.

Anschließend an das bestehende Altwerk wurde im Norden (auf den Feldern Richtung Zwentendorf/Erpersdorf) nun eine Top - Vacuum- Rohöldestillationsanlage aus Teilen einer in Frankreich demontierten Raffinerie 1942 in Betrieb genommen. => DORA - Anlage = DOnau RAffinerie. Nach einem neu entwickelten Verfahren kam dann noch die HF-Anlage 1 => Hydroforminganlage 1, zur Flugbenzinherstellung dazu. Beim „Hydroforming Process“ wurde minderwertiger rumänischer Benzin zu hochoktanigen Flugbenzin weiterverarbeitet. Das rumänische Vorprodukt wurde mittels Tankkähnen auf der Donau angeliefert und am Kai des ebenfalls neu errichteten Werkes in Pischelsdorf entladen und mittels einer Pipeline zu der ein paar Km entfernten Raffinerie transportiert. Eine weitere, die HF- Anlage 2 für hochwertige Flugzeugmotorenöle, konnte bis Kriegsende nicht mehr fertiggestellt werden. Dieser Werksteil zwischen Moosbierbaum und Zwentendorf wurde "Südwerk" genannt.

Das neue Werk in Pischelsdorf an der Donau wurde als "Nordwerk" bezeichnet. Dort wurde eine neue, leistungsfähige "Schwefelsäurekontaktanlage" zur Herstellung von Schwefelsäure auf Pyrit/Schwefelkies-Basis errichtet. Als Hauptabnehmer für die Schwefelsäure werden die "Zellwollewerke Lenzing" in OÖ. genannt. Weiters wurde Chlorsulfonsäure erzeugt => dies war ein Grundstoff für die Vernebelung. Federführend für diesen Teil des Werkes war "IG-Farben Leverkusen".

Ende 43 war dann Baubeginn für ein groß geplantes Leichtmetallwerk: Unter Federführung von "IG-Farben Bitterfeld" begann der Bau einer Magnesium-Elektrolyse-Schmelzanlage. Das Leichtmetall sollte für die Flugzeugindustrie weiterverarbeitet werden... (ohne genaueren Angaben). Diese Anlagen wurden bei den Bombenangriffen zerstört bzw. die Reste nach Kriegsende von der russischen Besatzungsmacht demontiert. Das Magnesiumwerk war vom übrigen Werksteil streng abgeschirmt und ging nie in Betrieb. Einige Hallen der ehemaligen Schwefelsäureanlage wurden ab 1961 wieder adaptiert und beherbergen heute die Düngemittelproduktion der DC.

Die Raffinerie wurde von den Russen teilweise instandgesetzt und produzierte nach dem Krieg bis 1955 unter der „Sowjetischen Mineralölverwaltung“ (SMV). Nach dem Staatsvertrag kam sie zur ÖMV und blieb bis zur Inbetriebnahme der neuen Großraffinerie Schwechat Anfang der 60iger Jahre noch in Betrieb.
Jetzt nur so eine Vermutung von mir:

Vielleicht war 1939-40 auch die Wiederaufnahme der Pulverproduktion (Munitionsfertigung...?) in Moosbierbaum geplant? Im Südteil des Werksgeländes (heute Golfplatzgelände) waren damals noch diverse Objekte der Pulverfabrikation vorhanden. Die Anlagen für die "Friedensproduktion" entstanden alle im Norden des Geländes. Und als Folge der Aktivierung der Pulver- (und einer Mun-) Produktion die Errichtung einer Muna in "Reichweite"...? Weil es mit dieser Fertigung nichts wurde (=> neuer Schwerpunkt am Gelände der alten Pulverfabrik wurde die Treibstofferzeugung) wurde die Muna in eine => Mun-Sichtungsstelle/Delaborierbetrieb für Beutemunition umgekrempelt. Natürlich alles nur Spekulation...:D

Rätselhaft bleibt für mich nach wie vor die V2/A4 - Geschichte! Beende aber jetzt mein "Gefasel" und werde über dieses leidige Thema nochmals intensiv nachdenken und irgendwann später "meinen Senf" dazu abgeben...

lg
josef
 
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josef

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Na ja, habe zwischenzeitliche Beiträge gelesen und steige doch noch mal kurz ein, :danke Henry. Und Florian für die Übersetzung, da kennt man den Profi! Ich schrieb ja bewusst
Nachstehend ein „Übersetzungsversuch“ der im Anhang eingefügten Dokumentkopien:
:D

lg
josef
 

josef

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Karten u. Lubi Raum Trasdorf - Dürnrohr

Nachstehend noch einige Karten und Lubi als Ergänzung zum Thema „Lokalaugenschein Trasdorf“:

Die Bilder 2. - 5. Habe ich nach der Karte 1. ausgerichtet (eingenordet), Lubi 6. (Angriff auf Moosbierbaum 01.03.45 ist im Originalzustand der USAF).

1. Kartenausschnitt Raum Trasdorf-Dürnrohr-Bahnhof Moosbierbaum.

2. Lageskizze lt. ADI(K) Report No. 221/45 aus NARA-Beständen.

3. Lubi – Ausschnitt v. 01.03.45 (Angriff auf Raffinerie Moosbierbaum).

4. Lubi 1955: Die „fischgrätenförmig“ angeordneten Lagerhütten sind bereits abgebaut, Fundamente/Böden sind aber noch zu erkennen. Ebenso ist ein Großteil der anderen Objekte schon abgerissen/gesprengt? Die betonierten Lagerstraßen sind noch gut zu erkennen, ebenso Teilbereiche der Normalspur- und Feldbahntrassen.

5. Lubi 2002: Das Gelände ist weitgehend geräumt. Im Norden wurde das Umspannwerk Dürnrohr errichtet, im ehemaligen Zentralbereich ist gut der ovale Baggersee zuerkennen. Am Gelände des ehemaligen Gefangenenlagers rechts der Straße Trasdorf-Dürnrohr sind auch schon die ersten Gebäude sichtbar.

6. Original-Lubi Angriff 01.03.45 auf Moosbierbaum. Treffer sind in Teilbereichen der Raffinerie bei der rechten oberen Ecke erkennbar. Jede Menge Bombenkrater, der helle Rauch stammt von der Vernebelung, die aber wegen des Bodensichtradars der Angreifer zu diesem Zeitpunkt keine Wirkung (Sichtbehinderung des Zielraumes) mehr hatte.

Bildquellen: 1. NÖGIS NÖ.-Atlas; 3. u. 6. USAF461st.org.; 4. u. 5. „Moosbierbaumer Dorfblattl", Ausg. 14.-16., 2003/04
 

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Unabhängig davon ob nun tatsächlich „echte“ A4 ( V2 ) oder was auch immer dort gelagert gewesen sein könnte, muss es einen realen Bezug zu der A4 Geschichte gehabt haben.
Die Teilbeschreibung eines FR- Zuges, so wie die Gefechtskopf und Strahlruder Geschichte kommt nicht von ungefähr ! Tatsache ist, das erst bei der Zusammenstellung eines FR- Zuges Raketen und das notwendige Zubehör zusammen trafen. Solche Zusammenstellungen waren letztlich die aufgaben einer Muna. Weil es zur zeit gegen meine gesamte Erfahrung spricht, das dort tatsächlich A4 Raketen Gelagert waren, bedeutet das nicht das es nicht geplant gewesen währe oder es eine andere für mich interessantere Verbindung gegeben hat.
Letzteres nachzuweisen, was es auch immer war, währe als Entdeckung mehr wert als die Feststellung eines banalen A4 Lagers ! Das mit dem A4 Modell ist da ein äußerst interessanter Ansatz ! Holz A4 zum üben, ist eine Idee, dagegen spricht aber nachfolgendes Bild.
Wenn es damals nicht Unmengen an Ausschuss gegeben hätte, dann würden diese A4 – Heck Reste heute nicht in meinem Garten liegen ! Ich hab auch einiges an Mittelteil – Teile, ein Stück Geräteraum und natürlich Reste beider Tanks und Triebwerksteile.
Es währe damals kein aufwand gewesen unbrauchbare A4 Raketen zum üben unter realen umständen zu verwenden ! Das einzigste verbriefte A4 Holzmodell das mir bekannt ist, war ein A9 – Modell Die Abgebildete A4 auf dem Mailerwagen ist auch ein Model.

Gruß Henry
 

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Gleich vorneweg, ich bin kein A-4 Spezialist. Vielleicht ist es aber gerade dieser Umstand, dass mir im gegenständlichen Fall sofort das unverständliche Fehlverhalten bei der Planung der Fertigung und Logistik ins Auge gefallen ist. Wenn man ein Hauptwerk für die Fertigung „der Superwaffe“ in unmittelbarer Nähe des „größten Jägerwerk des Reiches“, welches Göring Anfang Juni 1943 sogar noch der Auslandspresse offerierte, einrichtet, so scheint es fast logisch, ein A-4 Lager (möglichst für 1000 Raketen) unmittelbar neben einen der wichtigsten Werke für die Flugbenzinherstellung zu etablieren. Und das zu einem Zeitpunkt, als sich die Alliierten gerade anschickten auf ihren nordafrikanischen Flugbasen eine Bomberflotte zur Bekämpfung des südöstlichen Reichsgebietes aufzustellen.

Der Grund für eine solche Fehleinschätzung der Lage und für eine solche hirnlose Rüstungsplanung lässt sich nur in einer übertriebenen Geheimhaltung und einem grenzenlosen Konkurrenzdenken zwischen Heer und Luftwaffe vermuten, bei dem jegliche Vernunft auf der Strecke blieb. Wenn man von geplanter Sabotage absieht, kann nur ein fehlender Informationsaustausch zwischen den Waffenteilen und die totale Fehleinschätzung der damaligen Luftkriegssituation zu einer solch katastrophalen Fehlplanung geführt haben.

Im Zeitraum vom 13. bis zum 20. April 1943 fiel wohl die Entscheidung für eine Fertigung im Rax-Werk in Wiener Neustadt. Ich vermute dass parallel dazu auch die Einrichtung der Heimatlager Isabella und Maria erfolgte. Im Monat Juli sollten dann plangemäß die ersten A-4 das Rax-Werk verlassen. Zeitlich optimal dazu passend, flogen die US-Bomber am 13. August 1943 ihren Angriff auf Wiener Neustadt. Zwar hatten die Alliierten nicht die geringste Ahnung von der soeben anlaufenden Raketenfertigung in diesem Raum, aber die Bomben welche das Jägerwerk (Wiener Neustädter Flugzeugwerke) verfehlten und auch das Rax-Werk in Mitleidenschaft zogen, genügten für das Ende dieses Wahnsinnsprojekts im Wiener Raum. Am 26. Juni 1944 lag dann auch der Raum Moosbierbaum im Bombenhagel. Wahrlich ein Lehrstück exzellenter Rüstungsplanung!

LG
Renato
 
Deine Terminplanung ist nicht ganz korrekt, die Besprechung an dem die Rax- Werke als drittes Nachbauwerk eintreten soll war am 8.4.1943. am 21.8 lag dann der erste Fertigungsplan vor. Im Juni sollten die ersten 5 , August 10, Sep. 20, Oktober dann 50 A4 geliefert werden. Allerdings erreichten die meisten Maschinen die Rax- Werke nicht mehr.
Die Einrichtung des Rax Werkes lag weit hinter dem Termin Plan, am 3.6.43 war man noch dabei zu überlegen wie fiel Leute KZ Häftlinge usw. man brauchte. Am 4.8. hatte man dann festgelegt das es 1500 für Rax sein sollte . Dann kamen ein paar Bomben und kurz darauf das Aus für Rax !
Bereits am 1.11. war Rax stillgelegt. Von Rax wurden nie komplette Raketen geliefert .
Natürlich wurde wie das Abnahme Prüffeld auch Lagerflächen für A4 geschaffen, nur das „Vorwerk Rax“ wurde nicht fertig und Raketen wurden auch keine gebaut .
Das ist soweit i.O. ! Die Frage ist eigentlich nur ob es korrekt ist das in den Lagern tatsächlich A4 Raketen eingelagert waren, wenn ja, dann warum und woher kamen die ? Wurden FR- Züge zusammen gestellt und was war das für ein Holzmodel !?

Gruß Henry
 
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